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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 52.1923

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Lüttgen, Hans Heinz: Zwei Räume von F. A. Breuhaus, Cöln
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https://doi.org/10.11588/diglit.9145#0314

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ZWEI RÄUME VON F. A. BREUHAUS-CÖLN.

Das Geheimnis im Schaffen Breuhaus' ist eine
Erregung nach den reinen Quellströmen
der Möglichkeiten, beglückende Gesten des
Lebens einzufangen. Mit unendlich nervösen
Händen nimmt diese schöpferstarke und doch
suchende Kraft den neuen Impuls auf. Und das
ist das Fröhliche, Frohstimmende im Schaffen
Breuhaus', eine Art der Transformierung, die
in Ergebnissen endet, wo wir uns in sublimster
Form beschenkt wissen. Sollte das nicht ein
Kriterium für den Schöpfer der Räume sein, in
denen wir wohnen, daß wir uns „beschenkt"
fühlen — beschenkt mit der fein-nachlässigen,
sicheren Art, in der sich Künstler und Welt-
mensch harmonisch vereint? Wo ein unbewuß-
tes Lächeln Dankbarkeit strahlt an die geschaf-
fene Schönheit, — hinter der sich der Schaffende
leicht und mit liebender Zärtlichkeit birgt.

Das Format der geschaffenen Dinge gibt den
nun Wohnenden die Reize, um welche ihre
Ahnungen spürten. Subtiles Erleben, wie in
dem hier wiedergegebenen Boudoir, läßt es
nicht zu, von Chinoiserien im üblichen Sinn zu
sprechen. Die grazile Linienführung dieses
Raumes, eine hauchzarte Behandlung seiner
Wände in der Art japanischer Tuschbilder zeu-
gen eine Stimmung, die schwebt und unendlich
fein und bestimmt ist in ihrer Wirkung, wie das
rätselhaft gütig-liebende Lächeln einerKwannon.
Die unerhörte Sachlichkeit und Schönheit japa-
nischer Dinge (werwürdevonMöbeln sprechen?)
findet hier eine Komponente in der Truhe und
dem Spiegel. Das Ornament für diese ist ein
Moment, dem die Rotlack - Fläche der Truhe,
der Grausilber-Grund des Spiegels in abgewäg-
ter Rechnung kühne Gleichung geben.

In all den übrigen Räumen waltet das gleiche
Gesetz überlegener Flächen - Verteilung und
Schmuck - Anordnung. Die große Form des
Bücher- und Sammlungs-Schrank es teilt sich
weiter in eine Art glückhafter Wechselbezieh-
ungen, sodaß schon gleichsam mit der einzel-
nen Schmuckfläche oder den offenen Fächern
eine Vorstellung gegeben wird: hier das geist-
volle Brevier eines alten Lebenskünstlers, der
feine Almanach romantischer Welten, der kühl-
ernste Band eines Laotse — und hinter der
feinen Schnitzerei eine kostbare farbige Minia-
tur, ein ostasiatischer Schwertknauf, — wo
schwere Linien mit eingestreutem Schmuck
leben — ernste Dinge ernsten Sammeins. . . .
— Ein Notwendiges ist noch zu sagen. Wer je

in dem Vorzimmer eines Rechtsanwalts uner-
freuliche Minuten verlebte, in trockener Akten-
staubluft, vorbereitend auf Jahre eines akten-
sammelnden Prozesses, mit dem gähnenden
Umleben möglichen Verlustes, hat ein Gefühl
dafür, wie man in dem „Wartezimmer", das
Breuhaus schuf, besonnen wartet. Die Sofa-
bank gewährt den weichen Sitz, erfordert die
gestraffte Rückenhaltung zur Begegnung klar-
und scharfgestellten Frage- und Antwortspiels.
Der Raum hat die sichere und etwas unpersön-
liche Wärme, die Unternehmungen jeden For-
mates im voraus als gelungen erscheinen läßt.

Genug I — weiß ich doch, wie dem Schöpfer
der hier wiedergegebenen Innenräume alle Be-
zugnahmen auf seine Arbeiten fatal sind. —
Das Schöne versteht sich für Breuhaus ganz von
selbst. Und so darf man seinen neuen Werken
mit der Ruhe entgegensehen, die zur Voraus-
setzung hat, daß in F.A.B. ein Hüter und
Spender der Schönheit ist, deren formale Um-
risse immer neu und deren geistiges Durch-
drungensein lächelnd und ernst uns entgegen-
kommt — wie der Künstler selbst. Für die
deutsche Möbel- und Raumkunst bedeutet
Breuhaus eine lebensvolle und kultivierte An-
regung und Aufforderung, hans heinz lüttgen.

A

VON CHINESISCHEM KUNSTGEWERBE.

Wir müssen daran festhalten, daß im Gegen-
satz zu dem ewigen Wechsel der euro-
päischen Moden in China in symbolischer Be-
deutung Material, Form und Verzierung für be-
stimmte Gegenstände der alten Tradition stets
beibehalten blieben. Dieses Gesetz hat in der
Praxis in verschiedenster Weise gewirkt. — Der
Motivenschatz blieb begrenzt. Daher ist im Laufe
der Jahrhunderte eine Durcharbeitung und Viel-
heit der Variationen in Formen und Verzierungen
innerhalb der begrenzten Zahl von Vorbildern
durch viele tausend geschulteAugenu. geschickte
Hände durchgeführt, wie wir sie in Europa nicht
kennen. Und nicht nur das Auge des Handwer-
kers, sondern ebenso das des Käufers ist durch
diese Tradition geübt. Allerdings ist zu gewissen
Zeiten eine Verschlechterung der Vorlagen zu
erkennen. Nicht mit groben Effekten der Mode-
schnörkel, sondern durch raffiniert geschulte
Empfindungen für die Feinheit der Linien und
Farben wird eine Vollendung auch in der ein-
fachen glatten Form erreicht... o. münsterberg.
 
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